Kontaktabbruch | Entfremdung | Funkstille

Autor: Admin Gisi Kurath

verbunden

Jemanden zu vermissen, heißt traurig sein.

Gesund traurig sein heißt trauern können – und das ist aktive, anstrengende, innere Arbeit.

In unserem Fall ist es besonders schwierige Arbeit, denn:

NICHT WEG.

UND DOCH

NICHT DA.

Jemanden zu vermissen, heißt aber auch mit ihm verbunden sein.

*Ein Gespräch mit Herrn A.:

Interviewer: „Es ist mittlerweile wissenschaftlich erforscht und bewiesen, dass es hilfreich ist zu verstehen, zu wissen, sich etwas erklärbar machen zu können, um an Körper, Geist und Seele gesund zu bleiben.

Was ist das, womit wir hier zu tun haben?

Herr A.: Die Situation und der Schmerz, den Sie erleben, haben einen Namen. Es nennt sich „UNEINDEUTIGER VERLUST“.

Interv.: Wie lange kann es dauern, bis man sich wieder besser fühlt?

A.: „Besser“ ist ein sehr relativer Begriff, nicht wahr? Genauso wie „die Zeit“. Es dauert, solange es dauert. Tatsächlich wichtig ist der Beginn. Etwas muss beginnen, damit es überhaupt dauern kann.

Von manchen Wunden bleiben Narben, sie sind nicht Makel. Sie gehören zu einer einzigartigen Lebensgeschichte. Aus einer Verletzung ist eine Narbe geworden. Es bleibt sichtbar, was Du erlebt hast. Es gibt eine Geschichte, die erzählt werden kann.

mehr..

„If you love someone…

…you will be loyal to him, no matter what the cost.“

Es ist wie es ist und immer wieder mal sein wird.

Ich habe meine Übungen gemacht.

365 Tage hat das Jahr. An 350 davon geht es schon gut, habe ich festgestellt. Ich habe Freude am Leben, meiner Arbeit, meinen Mitmenschen. Ich kann die Entscheidung des Kontaktabbruchs/der Funkstille respektieren, durchaus reflektiert, verständnisvoll und in Liebe.

Ich fühle mich verbunden.

Ich weiß, das ist in gewisser Weise eine Herzensentscheidung, die mir hilft Verantwortung zu tragen und verlässlich da sein zu können.

An Tagen wie diesen

Kündigt das Aufwachen schon eine Krise an. Der Weg in die Küche, zum Kaffee, schmerzt in den Gelenken, ich fühle mich schlapp, schwach, ein Kloß steckt im Hals.

Nichts funktioniert richtig. Das Brot lässt sich nicht schneiden, ich vergesse die Milch zu wärmen, ich finde meine Hausschuhe nicht. Was einfach komisch und nach Zerstreutheit klingt ist für mich bereits ein innerer Alarmzustand. Denn ich weiß, ich muss an diesen Tagen gut auf mich achtgeben.

Heute bin ich wütend.

Ich mag nicht mehr. Wie komme ich dazu? Was habe ich verbrochen, dass jemand so mit mir verfährt?

Ich tappe in die Schuldfalle.

Was habe ich falsch gemacht? Ich bin wohl ein unmöglicher, andere verletzender Mensch. Ich habe falsch gehandelt, zu viele Fehler gemacht.

Ich schäme mich.

Ich bin so furchtbar, und wahrscheinlich auch noch respektlos, übergriffig, und dumm, dass man sich mit mir nicht abgeben kann. Ich bin wohl doch psychisch krank.

Ich reiße mich zusammen.

Menschen machen Fehler. Aber alle Menschen machen Fehler. Nicht bloß ich alleine. Ich habe gelernt, dass man auch für die Fehler anderer Menschen einstehen muss/kann!! Ich habe gelernt, dass man über alles sprechen kann, wenn gute Absicht beider Seiten dahinter steht. Ich habe gelernt, dass es einen Weg zueinander gibt, wenn man nur möchte, wenn man sich mag!

Ich zweifle.

An der Liebe, am Vertrauen, am Selbstvertrauen. Wo bleibt die Verantwortung? Kann ich mich auf die Liebe nicht mehr verlassen? Wie kann das sein?

Ich werde nochmal wütend.

Wie ist das möglich? Einfach weil es heutzutage möglich ist? Weil jeder auch ohne den anderen leben kann? Weil Verbindlichkeit und Verantwortung anstrengend sind? Weil die Liebe anstrengend ist? Weil man alleine besser und leichter vorankommt? Weil das Gefühl von Verbindlichkeit eine Last ist?

Ich verstehe nicht.

Was ist bloß passiert? Mit mir, mit uns, mit der Welt, der Gesellschaft? Ich hadere, ich gräme mich, ich muss weinen.

mehr…

 

 

 

Denn sie wohnen im Haus von morgen

Liebe C,

nachdem ich mich so lang nicht gemeldet hab, obwohl ich dich die ganze Zeit im Hinterkopf hatte, muss ich jetzt einfach direkt antworten: Vielen lieben Dank, das freut mich total! Das Thema war echt ne Herausforderung, so persönlich und emotional… Das ist ja so ein individuelles Thema, dass man gar nicht „allgemeingültig“ drüber schreiben kann, gleichzeitig möchte ich aber auch, dass sich andere Betroffene darin wiederfinden – es freut mich wirklich, wenn der Text so funktioniert! Und daher auch vielen, vielen Dank an dich, dass du dich nach meiner Kontaktaufnahme der Sache angenommen und den Kontakt zum Verein „das Haus von morgen“ hergestellt hast. Ohne eure Hilfe wäre der Beitrag nicht geworden, was er jetzt ist 🙂

Lucia Brückelmayr

Es ist ein Beitrag entstanden, durch den Gesellschaft und Öffentlichkeit für das  Thema Kontaktabbruch sensibel, einfühlsam und respektvoll sensibilisiert werden kann.

Vielen Dank für die Offenheit der Betroffenen, Lucia Brückelmayr für Recherche, Umsetzung, Engagement.

Zum Beitrag

 

SEIN lassen

Und wie soll das gehen?
All diese Begriffe, von denen wir wissen, dass es genau so sein soll.
…wenn wir alles richtig machen würden…könnten…richtig gemacht hätten…

An diesem Punkt angelangt sind schon viele Schritte getan. Es wird leichter, an vielen Tagen.
Die Oberfläche, der Alltag – es bleibt bewegt. Wir haben Strategien gefunden damit umzugehen.
Wir haben geweint, waren verzweifelt, haben gehadert, wurden überschwemmt von Gefühlen vieler Art, haben geschwiegen, glauben Verständnis zu haben, waren leer, haben uns ausgetauscht, gelacht, viel nachgedacht und reflektiert.
Aus der Tiefe dringen Fragen.

“Lieben heißt jemanden sein lassen“

Und wie kann das gehen?

…Assoziationen.. 

mehr….

Loslassen oder Sein lassen

Aus Facebook von unserer L.K.
Statt Loslassen können wir es auch als sein lassen sehen, gemäß dem schönen Spruch auf der Homepage von Das Haus von morgen
Jemanden Lieben heißt sein lassen…
Ich lasse meine Große und mein geliebtes Enkelkind in Liebe los, versuche es jeden Tag aufs Neue und arbeite an mir selbst. Ich brauche jetzt meine Kraft für mich und die zwei Jüngeren, die ebenso darunter leiden wie ich auch.
Ich brauche meine Kraft für meine Ausbildung, um Selbstliebe zu erlernen und meine zwei anderen (21, 15) gut ins Leben zu begleiten und zu entlassen und zu unterstützen wo es nötig ist.
Mir ist bewusst, dass ich wie andere auch, Fehler in der Erziehung gemacht habe, dass es gewiss Verletzungen gab. Aber mir ist auch bewusst, dass ich die Vergangenheit nicht ändern kann oder so ohne Gespräch oder Erklärung ihrerseits nicht verstehen werde, warum. Vielleicht nicht einmal dann, weil jeder seine subjektive Wahrheit hat, die er fühlt.
Mag sein dass es neben dem was für sie so war, auch der Partner und die leider etwas verzerrte Blick auf die Realität, die sie immer wieder bewiesen hat, mit Ausschlag gebend war und ich jetzt eben das große Böse bin, das sie hasst. Es ist okay, denn es ist ihres. Ihr Recht, ihr Leben, ihre Wahrheit.
Ich für mich habe auch das Recht mein Leben weiter zu leben, los und sein zu lassen, was ich nicht ändern kann, ein Recht nicht kaputt zu gehen.
Ich will nicht mehr wütend sein, hoffen oder anderes – sondern ich will mich frei machen von Schmerz, Wut, Trauer …
Sollte es irgendwann wieder zu einem Kontakt kommen, wird sich zeigen, ob und wie dieser funktionieren kann. So wie vorher mit dem engen, zu innigen Kontakt nicht mehr, dafür ist zu viel kaputt gegangen – wohl bei uns beiden.
Sollte es jedoch nicht dazu kommen, bin ich nicht bereit mein ganzes Leben zu trauern, zu klagen und mich kaputt zu machen. Auch ich – wie wir alle! – verdienen Liebe, Schönes, Gutes in unserem Leben und wir sind keine hilflos ausgelieferten Opfer, sondern haben zum Glück die Macht unseren Anteil für uns zu gestalten ❤
ich wünsche euch eine gute Woche und alles Liebe.
L.K.
Nächste Seite » « Vorherige Seite